Stifthaltung | Entspannt schreiben

Ein Artikel von Frau Rebecca Groth, erschienen in der Fachzeitschrift "ergopraxis" Ausgabe 11-12/18 des Thieme Verlages.
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Mit freundlicher Genehmigung des Thieme Verlags.
Link: www.thieme.de/ergopraxis
Leseprobe:
Stifthaltung - Wer viel schreibt und an Beschwerden in Hand, Arm, Schulter oder Nacken leidet, sollte seine Stifthaltung überdenken. Denn diese kann Überlastungssyndrome wie eine Sehnenscheidenentzündung verursachen.
Mit der Hand zu schreiben, ist auch in der digitalen Welt Bestandteil unseres Alltags. Sei es bei Unterschriften, Notizen oder Mitschriften in einem Vortrag. Dabei bedarf es nicht nur der Konzentration und einer feinen, gezielten Ansteuerung der Hand. Stifthaltung und Stiftführung hängen grundlegend mit dem Handgewölbe zusammen.
Ist es aktiv aufgerichtet, versetzt es den Daumen in die Lage, sich dem zweiten und dritten Finger entspannt gegenüberzustellen.
Ist das nicht der Fall, kann eine Reihe an Veränderungen resultieren: Schmerzen, die von der Hand über das Handgelenk, den Ellenbogen bis hin zu Schultergürtel und Nacken aufsteigen. Neben Muskelschmerzen, Tendinitis (= Sehnenentzündung) oder einem Karpaltunnelsyndrom stellt die Tendovaginitis (= Sehnenscheidenentzündung) eine häufige Problematik im Handgelenk dar. Sie kann aus einer Dauerbelastung bei starkem Muskeleinsatz der Schreibhand resultieren. Diese Problematik beschreibt auch Frau Faber*, eine 27-jährige Studentin, deren Schreibbelastung vom vielen Mitschreiben in den Vorlesungen herrührt. Da ihr die Notizen nicht ordentlich genug sind, schreibt sie sie zu Hause noch einmal ins Reine.
Handgewölbe und Tonus überprüfen → In der ambulanten Ergotherapie berichtet Frau Faber, dass sie schon einiges an Griffverdickungen oder dickeren Stiften erfolglos ausprobiert habe. Auch sei sie dem Rat einer Kommilitonin gefolgt und habe andere Stifte getestet. Leider sei ihr durch das feste Aufdrücken die Mine des Fineliners in den Stift gesunken. Danach habe sie wieder zurück auf den robusten Kugelschreiber gewechselt. In der weiteren Befundaufnahme zeigen sich mehrere Auffälligkeiten, die auf eine vielschichtige Problematik hinweisen. Inspektorisch findet sich an beiden Händen ein muskulär abgeschwächtes Handgewölbe. Dieses kann die Patientin zwar auf Aufforderung im Faustschluss mit viel Tonuseinsatz aufrichten, aber im Ruhetonus nicht halten. Im Rahmen der Palpation stellt die Ergotherapeutin im Seitenvergleich einen erhöhten Tonus im Unterarm sowie einen abgeschwächten Tonus der intrinsischen Muskulatur der Hand fest.
Linierte Blätter erhöhen den Tonus → Die Ergotherapeutin beobachtet, dass Frau Faber relativ langsam schreibt und sehr auf das Einhalten der Linien achtet. Dabei führt sie den Stift in einem lateralen Vierpunktgriff, wobei der Daumen auf dem Stift aufliegt und das Endglied nicht an der Stiftführung beteiligt ist ( ABB. 1). Beim Schreiben geht die Stifthaltung mit einem erhöhten Tonus der Hand einher, der leicht an den weißen Fingerknöcheln zu erkennen ist. Neben der Stifthaltung analysiert die Ergotherapeutin Schreibfluss, Schreibdruck, Transport der Hand über die Schreibunterlage sowie die Griffkraft. Dies beobachtet sie sowohl auf einem linierten als auch auf einem unlinierten Blatt. Denn Linien führen oft dazu, dass Patienten sich bewusst bemühen, alle Buchstaben sauber auf die Linie zu setzen. Dadurch werden sie langsamer, bauen mehr Druck auf und der Tonus im gesamten Arm erhöht sich [1].